164 STRASSENFENSTER *

 

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... überall, wo es GRÜNE STRASSEN (51), KLEINE PLÄTZE FUSSGÄNGERSTRASSEN (100), PASSAGEN DURCHS GEBÄUDE (101): gibt - also Straßen, in denen sich Leute aufhalten -, Lebendigkeit auch davon ab, daß die Leute zum Fenster herausschauen, im Fenster lehnen, daß auch einmal gelacht, gerufen oder gepfiffen wird.

 

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Eine Straße ohne Fenster wirkt leer und angsterregend. Ebenso unangenehm ist es auch, in einem an Straße liegenden Haus zu sein, das keine Fenster zur Straße hat.

 

Das Straßenfenster schafft eine einzigartige Verbindung zwischen dem Leben innerhalb von Gebäuden und auf der Straße. Franz Kafka schrieb eine kurze Betrachtung mit dem Titel "Das Gassenfenster", in der die Kraft dieser Verbindung sehr schön zum Ausdruck kommt.

Wer verlassen lebt und sich doch hie und da irgendwo anschließen möchte, wer mit Rücksicht auf die Veränderungen der Tageszeit, der; Witterung, Witterung, der Berufsverhältnisse und dergleichen ohne weiteres irgend einen beliebigen Arm sehen will, an dem er sich halten könnte, der wird es ohne ein Gassenfenster nicht lange treiben. Und steht es mit ihm so, daß er gar nichts sucht und nur als müder Mann, die Augen: auf und ab zwischen Publikum und Himmel, an seine Fensterbrüstung: tritt, und er will nicht und hat ein wenig den Kopf zurückgeneigt,. st reißen ihn doch unten die Pferde mit in ihr Gefolge von Wagen und Lärm und damit endlich der menschlichen Eintracht zu. (Franz Kafka, Sämtliche Erzählungen, Hrsg. Paul Raabe, Frankfurt am Main: Fischer, 1970, S. 18.)

In der traditionellen peruanischen Kultur ist das Beobachten. des Straßenlebens von einem Fenster im oberen Stockwerk aus fest verankert: Der mirador ist eine schön verzierte Galerie, die an vielen Kolonialgebäuden in Lima in die Straße hineinragt. Vor allem die peruanischen Mädchen beobachten gern das Straßenleben, aber nur, wenn sie einigermaßen, gut versteckt sind. Vom mirador aus können sie auf die Straße blicken, ohne. daß es für unschicklich gehalten wird - was von der Eingangstür aus nicht so leicht möglich ist. Wenn jemand sie eindringlich betrachtet, können sie sich vom Fenster zurückziehen.

Straßenfenster sind vor allem im ersten und zweiten Obergeschoß sinnvoll. Liegen sie höher, wird aus der Straße eine "Aussicht", und die Verbindung verliert ihre Lebendigkeit. Vorn ersten oder zweiten Stock aus können die Leute auf die Straße hinunterrufen, eine Jacke oder einen Ball hinunterwerfen; die Leute auf der Straße können jemandem pfeifen, damit er ans Fenster kommt, und sie können sogar noch seinen Gesichtsausdruck erkennen.

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Der mirador - der Ausblick.

 

Straßenfenster im Erdgeschoß funktionieren in der Regel nicht so gut. Sind sie zu weit von der Straße entfernt, kann man die Straße nicht mehr richtig sehen - wenngleich die Fenster natürlich Licht geben. Sind sie zu nah an der Straße, funktionieren sie überhaupt nicht, weil sie zum Schutz der Privatsphäre in den Zimmern mit Vorhängen oder Fensterläden verhängt werden - siehe die empirischen Ergebnisse dazu in Houses Generated by Patterns, C. E. S., 1969, S. 179-180.

Eine sinnvolle Möglichkeit, im Erdgeschoß ein Straßenfenster anzulegen, könnte darin bestehen, eine um zwei oder drei Stufen erhöhte Raumnische mit einem Fenster zur Straße zu bauen, so daß die Fensterbrüstung anderthalb Meter über der Straße liegt. In so einer Nische können sich die Leute auf die Brüstung lehnen und die Straße beobachten; die Leute auf der Straße können sie auch sehen, aber nicht in den Räum hinter ihnen hineinblicken. Es ist noch leichter, wenn das Erdgeschoß einen halben bis einen Meter über der Straße liegt, was ja oft der Fall ist.

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Schließlich ist für die Lage des Straßenfensters - ungeachtet des Geschosses - noch wichtig, daß die Bewohner oft daran vorbeikommen, daß sie manchmal beim Fenster stehenbleiben; daher sollte es am Treppenabsatz, in der Fensternische eines bevorzugten Zimmers, in einer Küche, einem Schlafzimmer oder in einem Gang liegen.

 

Daraus folgt:

Bau bei Gebäuden entlang belebter Straßen Fenster mit Sitzen zur Straße, wo man hinausschauen kann. Bring sie in Schlafzimmern oder an einer Stelle des Gangs oder der Stiege an, wo die Leute oft vorbeikommen. Leg Fenster im Erdgeschoß so hoch an, daß sie genügend Privatheit gewähren.

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Gib im Hausinneren jedem dieser Fenster ausreichend Platz, damit sie zum Niedersetzen, Stehenbleiben oder Beobachten. der Straße einladen - PLATZ AM FENSTER (180); die Fenster sollten nach außen aufgehen - WEIT AUFGEHENDE FENSTER (236); schmück den äußeren Teil der Fenster mit Blumenkisten und. Kletterpflanzen - dann können die Leute bei der Beschäftigung; mit den Blumen zum Fenster hinaussehen - GEFILTERTES LICHT (238), KLETTERPFLANZEN (246) ...

 

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