EINE MUSTER-SPRACHE

STÄDTE - GEBÄUDE - KONSTRUKTION

Christopher Alexander, Sara Ishikawa, Murray Silverstein

mit Max Jacobson, Ingrid F. King, Shlomo Angel 

Für Verbreitung, Schulung und Ergänzung digitalisiert von:
THE PATTERN COMMUNITY - Institut zur Förderung menschengerechter Dörfer, Städte und Regionen

STÄDTE

Wir beginnen mit jenem Teil der Sprache, durch den eine Stadt oder Gemeinde definiert wird. Diese Muster können keinesfalls mit einem Schlag "entworfen" oder "gebaut" werden - nur geduldige und schrittweise Entwicklung, daraufhin angelegt, daß jede individuelle Maßnahme zur Entstehung dieser größeren, umfassenden Muster beiträgt, wird langsam und sicher über Jahre ein Gemeinwesen herbeiführen, das diese umfassenden Muster enthält. geduldige und schrittweise Entwicklung, daraufhin angelegt, daß jede individuelle Maßnahme zur Entstehung dieser größeren, umfassenden Muster beiträgt, wird langsam und sicher über Jahre ein Gemeinwesen herbeiführen, das diese umfassenden Muster enthält. 

GEBÄUDE

Hier werden die übergeordneten Muster ergänzt, die eine Stadt oder eine Gemeinde definieren. Wir beginnen jetzt jenen Teil der Sprache, die Gebäudegruppen und Einzelgebäuden ihre Form gibt, dreidimensional auf dem Grundstück. Das sind die Muster, die "entworfen" oder "gebaut" werden können - die Muster, die die einzelnen Gebäude und den Raum zwischen Gebäuden definieren. Zum ersten Mal behandeln wir Muster,die innerhalb der Kontrolle von Einzelpersonen oder kleinen Personengruppen liegen, die diese Muster in einem Zug realisieren können.

 

KONSTRUKTION

In dieser Phase haben wir einen vollständigen Entwurf für ein einzelnes Gebäude. Wenn die gegebenen Muster befolgt wurden,so hat man ein Schema der Räume, sei es mit Stecken auf dem Boden markiert oder auf einem Stück Papier - etwa aufeinen halben Meter genau. Man kennt die Höhe der Räume, die ungefähre Größe und Lage der Fenster und Türen, und man weiß ungefähr, wie die Dächer des Gebäudes und die Gärten anzuordnen sind.

Der nächste und letzte Teil der Sprache erklärt einem, wie man direkt aus diesem groben Raumschema ein baubares Gebäude macht, und erklärt auch im Detail, wie es zu bauen ist.

PROLOG

 

148.0

... innerhalb des Arbeitsraums einer Einrichtung - SELBSTVERWALTETE WERKSTÄTTEN UND BÜROS (80), FLEXIBLE BÜROFLÄCHEN (146) - muß es noch weitere Unterteilungen geben. Wie das. folgende Muster zeigt, ist vor allem wesentlich, daß die klein; sten Arbeitsgruppen räumlich ihren eigenen Bereich haben.

 

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Wenn mehr als ein halbes Dutzend Menschen an ein und demselben Platz arbeitet, ist es sehr wichtig, daß sie nicht in einem riesigen Raum ohne Gliederung arbeiten, sondern stattdessen ihren Arbeitsraum unterteilen und kleine Gruppen bilden können.

 

Tatsächlich empfinden die Leute Arbeit in einer ununterscheidbaren Masse von Arbeitern als ebenso beklemmend Wie Arbeit in völliger Isolation. Durch die kleine Gruppe entsteht ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem einen Extrem, wo wegen der Menge der Leute keine Gelegenheit zur Entwicklung eines persönlichen sozialen Gefüges besteht, und dem anderen Extrem, wo so wenige Leute da sind, daß die Entwicklung von sozialen Gruppen erst gar nicht möglich ist.

Diese Einstellung zur Größe von Arbeitsgruppen wird durch die Ergebnisse der Pilkington-Forschungsgruppe über das Büroleben unterstützt (Office Design: A Study of Environment, Hrsg:; Peter Manning, Department of Building Science, University of Liverpool, 1965, 5.104-1Z8). In dieser wirklich sehr umfangreichen Untersuchung wurden Büroangestellte um ihre Meinung über große und kleine Büros befragt. Ihre Aussagen lauteten in der Mehrzahl so: „Die größeren Büros geben einem das Gefühl, relativ unbedeutend zu sein" und „Man hat in einem großen Büro dauernd das unangenehme Gefühl, beobachtet zu werden." Und als sie gebeten wurden, fünf verschiedene Entwürfe für Büroanlagen zu vergleichen, wählten die Angestellten durchwegs die Entwürfe mit den kleinsten Arbeitsgruppen.

Eine Muster Sprache 148 KLEINE ARBEITSGRUPPEN 1

Die Analyse der Ergebnisse zeigte auch, daß „Leute, die in kleinen Büroräumen arbeiten, den größeren Büroräumen ablehnender gegenüberstehen als Leute, die wirklich dort arbeiten". Offenbar ist für Leute, die einmal in kleinen Gruppen gearbeitet haben, die Vorstellung unangenehm, wieder in größere Büroflächen zurückzukehren.

In unserer eigenen Untersuchung über die Einstellungen zum Arbeitsplatz - durchgeführt unter den Angestellten des Rathauses von Berkeley - fanden wir heraus, daß die Leute am liebsten in einer Gruppe von zwei bis acht Personen arbeiten. Besteht die Gruppe aus mehr als acht, wird sie nicht mehr als Gemeinschaft empfunden; und ganz allein möchte fast niemand arbeiten.

Der japanische Architekt T. Takano kam in seiner Untersuchung über Arbeitsgruppen in Japan zu ähnlichen Ergebnissen. In den von ihm untersuchten Büros stellte sich heraus, daß sich die am besten funktionierenden Gruppen aus fünf Personen zusammensetzten. (Building Section, Building and Repairs Bureau, Ministry of Construction: The Design od Akita prefectural sovernment office, Public Buildings, 1961.)

Wie sollten diese kleinen Gruppen miteinander verbunden sein? Brian Wells weist darauf hin, daß kleine Büros zwar eine persönlichere Atmosphäre schaffen, die Kommunikation zwischen den Gruppen jedoch nicht fördern. „The Psycho-Social influence of Building Environment" (Building Science, Vol. 1, Tergamon Press, 1965, S.153). Dieses Problem kann man wahrscheinlich lösen, indem man die kleinen Arbeitsgruppen räumlich so anlegt, daß einige von ihnen verschiedene Einrichtungen teilen: Trinkwasserspender, Toiletten, Bürogeräte, vielleicht ein gemeinsames Vorzimmer und einen Garten.

 

Daraus folgt:

Teil Einrichtungen in kleine, räumlich unterscheidbare Arbeitsgruppen mit jeweils nicht mehr als fünf Leuten auf. Leg diese Arbeitsgruppen so an, daß jeder die anderen Mitglieder seiner Gruppe zumindest teilweise sehen kann; und leg mehrere Gruppen so an, daß sie einen gemeinsamen Eingang, das Essen, die Büro gerate, Trinkwasserspender und Toiletten teilen.

 Eine Muster Sprache 148 KLEINE ARBEITSGRUPPEN

 

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Leg die Arbeitsgruppen so zueinander, daß die Entfernungen zwischen den Gruppen die in VERBINDUNG ZWISCHEN BÜROS (82) angegebenen Grenzen nicht überschreiten, und gib jeder Gruppe eine Bürofläche, die sowohl eine Ausdehnung als auch ein Schrumpfen der Gruppe gestattet - FLEXIBLE BÜROFLÄCHE (146); sorg für einen Gemeinschaftsbereich, entweder für die Gruppe selbst, für mehrere Gruppen zusammen oder beides - GEMEINSCHAFTSBEREICHE IN DER MITTE (129). Betrachte jede kleine Arbeitsgruppe, egal ob im Handwerk oder Büro, als ein Forum des Lernens - MEISTER UND LEHRLINGE (83). Statte jede Gruppe mit einer direkt auf die Straße führenden Stiege aus - OFFENE TREPPEN (158). Ordne die einzelnen Arbeitsplätze innerhalb einer Arbeitsgruppe gemäß HALBPRIVATEM BÜRO (152) und ABGRENZUNG DES ARBEITSPLATZES (183) an ...

 

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147.0

... das folgende Muster bildet eine Abrundung verschiedener ariderer Muster; all jener Gruppen von Menschen und Einrichtungen, die GEMEINSCHAFTSBEREICHE IN DER MITTE (129) haben, vor allem von Werkstätten, Büros und größeren Familienverbänden — DIE FAMILIE (75), SELBSTVERWALTETE WERKSTÄTTEN UND BÜROS (80). In allen diesen Fällen verdankt der Gemeinschaftsbereich seine Anziehungskraft dem gemeinsamen Essen und Trinken. Das folgende Muster bestimmt es in allen Einzelheiten und zeigt auch, wie es zum Entstehen einer größeren sozialen Ordnung beiträgt.

 

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Ohne gemeinsames Essen fällt jede Gruppe von Menschen auseinander.

 

Die Bedeutung gemeinsamen Essens ist in allen menschlichen Gesellschaften unumstritten. Das heilige Abendmahl, Hochzeitsfeste, Geburtstagsfeiern, das Weihnachtsessen, eine irische Totenwache oder das Abendessen in der Familie sind Beispiele aus der westlichen und christlichen Welt, aber Entsprechungen dafür gibt es in jeder Gesellschaft. Es gibt fast keine wichtigen Ereignisse oder Einrichtungen, deren verbindende Kraft und sakraler Charakter nicht auf Essen und Trinken beruht. Die anthropologische Fachliteratur ist voll von Hinweisen darauf. Zum Beispiel: „Fond and Its Vicissitudes: A Cross-Cultural Study of Sharing and Nonsharing", in Yehudi A. Cohen, Social Structure and Personality: A Caseboolc, New York: Holt, 1961. Audrey I. Richards, Hunger and Work in a Savage Tribe: A Functional Study of Nutrition Among the Southern Bantu. Glencoe, all.: Free Press, 1932.

Thomas Merton faßt die Bedeutung gemeinsamen Essens sehr schön zusammen:

Das Wesen eines Festes besteht darin, Leute anzuziehen und sie dazu .zu bringen, alles andere liegen und stehen zu lassen, um an den Freuden des Festes teilzunehmen. Gemeinsam zu feiern bedeutet, Freude an der Gemeinschaft mit den Freunden zu bezeugen. Der bloße Akt des gemeinsamen Essens ist, abgesehen von einem Festmahl oder irgendeinem anderen festlichen Anlass, an sich ein Zeichen von Freundschaft und Gemeinschaft.

Heutzutage wird kaum noch bedacht, daß selbst die gewöhnlichsten Tätigkeiten des täglichen Lebens von Natur aus eine tiefe geistige Bedeutung haben. Der Tisch ist in gewisser Weise der Mittelpunkt des Familienlebens, Ausdruck des Familienlebens. Hier versammeln sich  die Kinder mit ihren Eltern, um zu essen, was die Eltern in Liebe besorgt haben.

Dasselbe gilt auch für ein Festmahl. Das lateinische Wort convivium drückt dieses Mysterium besser aus als unsere Bezeichnungen „Fest: mahl" oder „Fest". Ein Fest als „convivium" zu bezeichnen, heißt; als das „Mysterium des gemeinsamen Lebens" zu verstehen ein Mysterium, bei dem die Gäste an den guten Dingen, die die Gastgeber in Zuneigung zu ihnen vorbereitet haben, mitessen und bei dem die 2 Atmosphäre der Freundschaft und Dankbarkeit dazu führt, daß man' Gedanken und Gefühle teilt, und schließlich in gemeinsam empfundene Freude mündet. (Thomas Merton, The Living idreacl, New York. 1956.:' S. 126-127).

Gemeinsames Essen spielt also in nahezu jeder menschlichen Gesellschaft eine wichtige Rolle, indem es die Menschen enger aneinander bindet und ihr Gefühl, „Mitglied" einer Gruppe zu sein, verstärkt.

Aber neben dieser eigentlichen Bedeutung des gemeinsamen Essens, die Mitglieder einer Gruppe enger aneinander zu binden, gibt es einen weiteren wichtigen Grund für die Beibehaltung dieses Musters; er betrifft speziell die moderne städtische Gesellschaft.

Die städtische Gesellschaft schafft die Möglichkeit, eine wunderbare Vielfalt von Menschen kennenzulernen, eine Möglichkeit, die fast völlig neu in der Geschichte der Menschheit ist, In einer traditionellen Gesellschaft lernt man mit Leuten zu leben, die man kennt — allerdings bilden diese eine relativ geschlossene Gruppe, die kaum stark vergrößert werden kann. In einer modernen städtischen Gesellschaft hat jede Person die Möglichkeit, jene wenigen anderen Menschen in der Stadt zu finden, mit denen er wirklich zusammensein möchte. Theoretisch hat jemand in einer Stadt mit fünf Millionen Einwohnern die Möglichkeit, genau jene Handvoll Menschen kennenzulernen; mit denen er von all den fünf Millionen am liebsten zusammen ist,

Aber das ist nur Theorie, und in der Praxis ist das sehr schwierig. Nur wenige Menschen können mit Überzeugung sagen, die für sie bestmöglichen Gefährten oder informellen Gruppen in ihrer Stadt gefunden zu haben. In Wirklichkeit ist das Gegenteil der Fall: Die Leute klagen ständig darüber, daß sie nicht genug andere Menschen treffen können, daß es zu wenig Möglichkeiten zum Kennenlernen anderer Menschen gibt. Weit davon entfernt, nach Belieben das Wesen aller anderen in  der Gesellschaft erforschen zu können und nach Wahl mit jenen zusammen zu sein, mit denen die größten natürlichen Gemeinsamkeiten bestehen, fühlen sich die Leute stattdessen gezwungen, mit den wenigen zusammen zu sein, auf die sie zufällig gestoßen sind.

Wie kann das große Potential einer städtischen Gesellschaft genutzt werden? Wie kann eine Person jene anderen Leute treffen, mit denen sie am meisten gemein hat?

Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir den Vorgang betrachten, wie jemand in einer Gesellschaft neue Menschen kennenlernt. Die Antwort auf diese Frage beruht auf folgenden drei entscheidenden Annahmen:

  1. Der Vorgang hängt zur Gänze von der wechselseitigen Überschneidung von Gruppen in einer Gesellschaft ab und von der Art, wie jemand diese Gruppen durchwandern und so seine Verbindungen erweitern kann.
  2. Der Vorgang ist nur möglich, wenn die verschiedenen Gruppen in einer Gesellschaft über „Gruppenterritorien" verfügen, wo die Treffen stattfinden können.
  3. Beim Vorgang des Kennenlernens kommt es offensichtlich besonders auf gemeinschaftliches Essen und Trinken an; er funktioniert deshalb am leichtesten in jenen Gruppen, die zumindest teilweise gemeinsames Essen und Trinken eingeführt haben.

Wenn diese drei Annahmen stimmen, wovon wir überzeugt sind, dann leuchtet ein, daß der Vorgang des gegenseitigen Kennenlernens in hohem Maße von der Möglichkeit abhängt, als Besucher und Gast bei gemeinsamen Mahlzeiten von einer Gruppe zur anderen zu wechseln. Und das ist natürlich nur möglich, wenn jede Einrichtung, jede soziale Gruppe regelmäßig eigene gemeinsame Mahlzeiten hat und wenn es ihren Mitgliedern offen steht, zu diesen Mahlzeiten Gäste einzuladen und umgekehrt von diesen Gästen wiederum zum Essen in andere Gruppen eingeladen zu werden.

 

Daraus folgt:

Sieh für jede Einrichtung und jede soziale Gruppe einen Platz vor, wo die Leute gemeinsam essen können. Mach aus der gemeinsamen Mahlzeit eine regelmäßige Einrichtung. Führ vor allem an jeder Arbeitsstätte ein gemeinsames Mittagessen ein, so daß die gemeinsamen Mahlzeit um einen gemeinsamen Tisch herum (nicht aus Schachteln, Automaten oder Tüten) zu einem wichtigen, gemütlichen und täglich stattfindenden Ereignis wird, das auch eingeladenen Gästen offen steht. In unserer eigenen Arbeitsgruppe im Center stellten wir fest, daß das am besten funktioniert, wenn alle abwechselnd kochten. Das Mittagessen wurde so zu einem Ereignis, einem Treffen: etwas, in das jeder, der gerade zum Kochen dran war, seine ganze Liebe und Energie hineinsteckte.

 Eine Muster Sprache 147 GEMEINSAMES ESSEN

 

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Handelt es sich um eine große Einrichtung, dann finde-einen Weg, sie in kleine Gruppen aufzuteilen, die miteinander essen, sodaß keine der Gruppen, die miteinander essen, mehr als ein Dutzend Leute umfaßt - KLEINE ARBEITSGRUPPEN (148), KLEINE BESPRECHUNGSZIMMER (151). Bau die Küche um den Essbereich herum wie eine WOHNKÜCHE (139); mach den Tisch selbst zu einem wichtigen Mittelpunkt - ATMOSPHÄRE BEIM ESSEN (182) ...

 

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... angenommen, die wichtigsten Bereiche einer Werkstätte oder eines Büros sind bereits angelegt — SELBSTVERWALTETE WERKSTÄTTEN UND BÜROS (80), VERBINDUNG ZWISCHEN BÜROS (82); so wie im Wohnhaus ist auch hier die grundlegende Anordnung bereits durch STUFEN DER INTIMITÄT (127) und GEMEINSCHAFTSBEREICHE IN DER MITTE (129) gegeben. Das folgende Muster hilft innerhalb dieses allgemeinen Rahmens, den Arbeitsplatz genauer zu bestimmen, und ergänzt dadurch diese größeren Muster.

 

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Ist es möglich, eine Art Raum zu schaffen, der speziell auf die Bedürfnisse arbeitender Menschen abgestimmt ist und trotzdem eine Unzahl an verschiedenen Anordnungen und Kombinationsmöglichkeiten bietet?

 

Jede menschliche Organisation durchläuft eine Reihe von Veränderungen. In den Büros sind die Arbeitsgruppen, ihre Größe und Funktion — oft unvorhersehbaren — Veränderungen unterworfen. Wie muß ein Büroraum angelegt sein, um dem zu entsprechen?

Die Standardmethoden, an dieses Problem der Flexibilität des Büroraums heranzugehen, sind folgende: (1) ein ununterbrochener modularer Raum mit modularen Trennwänden. (in voller oder halber Höhe) und (2) ein das ganze Stockwerk einnehmender, ununterbrochener Raum mit niedrigen Decken: und ohne Trennwände (bekannt als „Bürolandschaft").

Aber keine der beiden Lösungen funktioniert wirklich; Keine bietet echte Flexibilität. Sehen wir sie uns der Reihe nach an,

Wir erörtern zuerst die Lösung mit den Trennwänden. Naiv betrachtet scheint es einzuleuchten, dieses Problem mit Hilfe von beweglichen Trennwänden zu lösen. In der Praxis, steht man aber vor einer Reihe von Schwierigkeiten.

  1. Leicht bewegliche Trennwände haben geringes Gewicht und schaffen nur unzureichende akustische Isolierung.
  2. Leicht bewegliche Trennwände, die auch akustisch isolieren, sind normalerweise sehr teuer.
  3. Die tatsächlichen Kosten für das Umstellen von Trennwänden sind so hoch, daß die Trennwände selbst in sehr flexiblen" und „modularen" Organisationen nur sehr selten :umgestellt werden.
  4. Das schwerwiegendste Problem: In der Regel ist es nicht lich kleine Veränderungen am Trennwand-System vorzunehmen. Es passiert äußerst selten, daß eine Arbeitsgruppe gerade dann kleiner wird, wenn die Gruppe nebenan wächst und mehr Platz braucht. Um für die expandierende Gruppe Platz Zu schaffen, muß ein Großteil des Büros umgruppiert werden, aber das verursacht so viele Störungen, daß viele Büroleiter zu einfacheren Lösungen greifen — sie lassen die Trennwände, wie sie sind, und setzen die Leute um.
  5. Schließlich liegt es in der Natur eines Büroraums, daß gewisse informelle, provisorische Anordnungen mit der Zeit immer dauerhafter werden (zum Beispiel Möbel, Aktenschränke, „Besitzergreifung" bestimmter Räume oder Fenster). Die „Besitzer" wehren sich dann gegen Veränderungen. Obwohl sie zum Umzug bereit sind, wenn es um die Ausdehung ihrer eigenen Arbeitsgruppe geht, widersetzen sie sich, wenn der Umzug Teil einer allgemeinen Umgruppierung im Büro ist, die durch die Ausdehnung oder Verkleinerung einer anderen Ar,Schließlich liegt es in der Natur eines Büroraums, daß gewisse informelle, provisorische Anordnungen mit der Zeit immer dauerhafter werden (zum Beispiel Möbel, Aktenschränke, „Besitzergreifung" bestimmter Räume oder Fenster). Die „Besitzer" wehren sich dann gegen Veränderungen. Obwohl sie zum Umzug bereit sind, wenn es um die Ausdehung ihrer eigenen Arbeitsgruppe geht, widersetzen sie sich, wenn der Umzug Teil einer allgemeinen Umgruppierung im Büro ist, die durch die Ausdehnung oder Verkleinerung einer anderen Arbeitsgruppe bewirkt wurde.

Das modulare Trennwand-System funktioniert deshalb nicht, weil die Trennwände in Wirklichkeit zu gewöhnlichen Wänden werden; sie sind aber, was die Festlegung eines Territoriums und die Lärmisolierung betrifft, nicht so effektiv wie wirkliche Winde; dazu kommt noch, daß Trennwände nicht unbedingt das Bedürfnis nach einem halb abgegrenzten Arbeitsbereich, wie es in ABGRENZUNG DES ARBEITSPLATZES (183) beschrieben wird., befriedigen. Daher ist klar, daß das Problem nicht wirklich .durch ein System beweglicher Trennwände gelöst werden kann.

Die Lösung mit einer Bürolandschaft bietet, da es keine Trennwände gibt, wirklich mehr Flexibilität. Dieses System ist jedoch nur für Arbeiten geeignet, bei denen weder ein 'starkes Maß an Privatsphäre noch eine intensive Zusammenarbeit innerhalb einer einzelnen Arbeitsgruppe erforderlich ist. Untersuchungen von Brian Wells haben darüber hinaus deutlich gemacht, daß Büroangestellte lieber in kleineren Arbeitsräumen als in größeren arbeiten — siehe KLEINE ARBEITSGRUPPEN (148) Wells zeigt, daß sich die Leute, wenn sie die Wahl zwischen verschieden großen Büros haben, für Schreibtische in kleinen Büros statt in großen entscheiden. Er zeigt weiter, daß Arbeitsgruppen in kleinen Büros viel mehr Zusammenhalt haben (bestimmt durch einen größeren Prozentsatz an internen soziometrischen Wahlmöglichkeiten) als Arbeitsgruppen in großen Büros. (Pilkington Research Unit, Office Design: A Study of Environment, Department of Building Science, University of Liverpool, 1965, S. 113-121.)

Weder flexible Trennwände noch Bürolandschaften scheinen also wirklich zu funktionieren. Keine der beiden Lösungen schafft einen Raum, der sich speziellen Arbeitsanforderungen anpassen läßt und wirklich flexibel ist. Ein Hinweis auf eine völlig andere Methode zur Schaffung von Flexibilität ist die Tatsache, daß Organisationen, die in zu Büroräumen umgewidmeten Häusern untergebracht sind, diesbezüglich überhaupt keine Schwierigkeiten haben. Tatsächlich scheint es so zu sein, daß diese alten Gebäude viel mehr Flexibilität bieten als die durch Module geteilten Büros. Der Grund dafür ist einfach. In diesen alten Häusern gibt es viele kleine Räume, ein paar große Räume und viele teilweise abgegrenzte Räume, die meist auf verschiedenste Weise miteinander verbunden sind.

146.1

Obwohl diese Räume eigentlich für Familien gedacht waren, hat sich erwiesen, daß sie auch der natürlichen Struktur von Arbeitsgruppen entsprechen: Es gibt kleine Räume für private und halbprivate Büros, etwas größere Räume für Arbeitsgruppen mit zwei bis sechs Leuten, gewöhnlich auch einen Raum, in dein sich bis zu 12 Personen versammeln können, und einen Gemeinschaftsbereich um die Küche und das Esszimmer herum. Weiters gibt es in jedem Raum verschiedene Wände, halbhohe Wände und Fensterplätze, die Umstellungen im Raum ermöglichen.

Obwohl die Wände natürlich nicht augenblicklich verändert werden können, ist das Haus wirklich anpassungsfähig. Veränderungen in den Arbeitsgruppen können innerhalb weniger Minuten und ohne Kosten vorgenommen werden, indem man einfach gewisse Türen aufmacht oder verschließt. Auch die akustischen Eigenschaften sind hervorragend, da die meisten Wände aus soliden, oft auch tragenden Mauern bestehen.

Gelegentlich ist es möglich, ein Büro oder eine Arbeitsstätte wie ein Wohnhaus zu bauen — wenn man rechtzeitig genug däs Nötige über die Arbeitsgruppe weiß und so die Mischung der Zimmer und größeren Räume auf ihre speziellen Bedürfnisse abstimmen kann. Aber in den meisten Fällen ist zum Zeitpunkt des Bauens noch nicht bekannt, welche Arbeitsgruppe diesen Raum benutzen wird. In diesem Fall ist ein spezieller Entwurf wie bei einem Haus nicht möglich. Stattdessen muß eine Art von Raum geplant und gebaut werden, der im Gebrauch von seinem System her schrittweise in die „hausartige" Raumstruktur >übergeführt werden kann.

Die Art von Raum, die das ermöglicht, ist weder „Lagerhaus"-fläche noch „Bürolandschaft", sondern bietet die Möglichkeiten, die man braucht, in Form von Pfeilern und verschiedenen Deckenhöhen, die zu Umgestaltungen im Gebrauch anregen. Wenn die Pfeiler so stehen, daß ein paar an sie befestigte Trennwände Abteilungen und Räume in Räumen zu bilden beginnen, dann kann man sicher sein, daß die Leute den Raum wirklich so umwandeln, wie sie ihn brauchen, wenn sie erst einmal da arbeiten.

Was die geometrische Anordnung der Pfeiler betrifft, haben wir -festgestellt, daß sie dann am besten funktioniert, wenn es im wesentlichen einen mittleren Raum gibt — mit Seitenschiffen — und die Möglichkeit, aus den einzelnen Feldern der Seitenschiffe Arbeitsplätze zu machen. Die Zeichnung unten vermittelt ungefähr eine Vorstellung dieser Idee sowie der Art und Weise, wie sich dieses Muster im Laufe der fahre verändern läßt.

 Eine Muster Sprache 146 FLEXIBLE BÜROFLÄCHE 1

Natürlich steht einem, von dieser allgemeinen Richtlinie ausgehend, eine fast unendliche Vielzahl an Aufteilungs- und Kombinationsmöglichkeiten offen. Im einen Fall können die Räume eher einfach sein, mit in einer Reihe angelegten Abteilungen. Im anderen Fall sind die Felder vielleicht eher verschachtelt angelegt, mit unterschiedlich großen Zimmern und Räumen dazwischen. Die Details sind unwichtig. Worauf es ankommt, ist die allgemeine Lage der Pfeiler und, natürlich die Gewähr, daß sie ausreichend Licht haben — LICHT VON ZWEI SEITEN IN JEDEM RAUM (159).

 

Daraus folgt:

Leg die Bürofläche in Gebäudeflügeln mit offenem Raum an, mit freistehenden Pfeilern rundherum, sodaß sie ineinander übergehende, halbprivate und gemeinschaftliche Bereiche bildet. Leg genug Pfeiler an, damit die Leute sie im Laufe der Jahre auf verschiedenste Weise ausfachen können - aber immer nur mit semipermanenten Wänden.

Wenn die Arbeitsgruppe bereits vor dem Bau bekannt ist, gestalte den Raum eher wie ein Wohnhaus, das auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. Schaff in jedem Fall viele verschiedene Räume im ganzen Büro - vergleichbar mit den vielen unterschiedlichen Größen und Raumtypen in einem großen alten Haus.

 Eine Muster Sprache 146 FLEXIBLE BÜROFLÄCHE 2

 

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Das Licht ist entscheidend. Die Abteilungen dieser Art von Arbeitsräumen müssen entweder frei stehen (sodaß sie Licht aus den Nischen bekommen), oder die gänze Abteilung muß so kurz sein, daß sie von den zwei Enden her genug Licht bekommt - LICHT VON ZWEI SEITEN IN JEDEM RAUM (159). Verwende VERSCHIEDENE RAUMHÖHEN (190) und DER PLATZ AM PFEILER (226), um die richtige Mischung möglicher Räume herzustellen. Leg den Arbeitsraum vor allem so an, daß die Leute zu zweit oder zu dritt arbeiten können, immer teilweise in Kontakt und teilweise isoliert - KLEINE ARBEITSGRUPPEN (148) und HALBPRIVATE BÜROS (152). Richte im vorderen Teil einen freundlichen Empfangsbereich ein - ENTGEGENKOMMENDER EMPFANG (149); und in den Gemeinschaftsbereichen in der Mitte sorg für einen Ort, wo die Leute jeden Tag gemeinsam essen können - GEMEINSAMES ESSEN (147) ...

 

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... das folgende Muster ergänzt etwa HAUS FÜR EINE KLEINFAMILIE (76), SELBSTVERWALTETE WERKSTÄTTEN UND BÜROS (80) und GESCHÄFTE IN PRIVATBESITZ (87). Generell dient es zur Vervollständigung jedes GEBÄUDEKOMPLEXES (95).

 

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In Wohnungen und an Arbeitsplätzen braucht man immer irgendwelche Abstellräume; Platz für Sachen wie Koffer, alte Möbel, alte Ordner, Schachteln - all jene Dinge, die man nicht wegwerfen will, aber doch nicht jeden Tag braucht.

 

In manchen alten Gebäuden ist durch Dachkammern, Keller und Schuppen ganz automatisch für Abstellraum gesorgt. Aber sehr oft wird auf diese Art von Lagerraum vergessen. So zum-Beispiel bei sorgfältig geplanten Gebäuden, wo der Entwerfer sehr auf den Quadratmeterpreis schaut und einen zusätzlichen Raum, der kein „Wohnraum" ist, nicht rechtfertigen kann.

Nach unseren Erfahrungen sind Abstellräume jedoch äußerst wichtig; und wenn es sie nicht gibt, bedeutet das normalerweise, daß irgendein anderer Raum zum Aufbewahrungsort für all die sperrigen, nebensächlichen Dinge, die man aufbewahren muß, umfunktioniert wird.

Wie viel Platz soll für Abstellräume bereitgestellt werden? Sicher nicht allzu viel, denn sonst hebt man zu viele Sachen auf, die längst ausgedient haben. Aber etwas Abstellraum ist notwendig. In jedem Haushalt, in jeder Werkstätte oder Gruppe gibt es alte Möbel, die zum Herrichten gelagert werden, alte Reifen, Bücher, Kisten, Werkzeug, das man nur gelegentlich benützt; und je autarker ein Haushalt ist, desto mehr Platz braucht er. Im Extremfall muß sogar genügend Platz sein, um Baumaterial unterzubringen! Die benötigte Fläche ist nie weniger als 10 Prozent der bebauten Fläche — manchmal muß sie sogar 50 Prozent betragen - gewöhnlich zwischen 15 uind 20 Prozent.

 

Daraus folgt:

Wart mit dem Abstellraum nicht bis zum Schluß und vergiß nicht auf ihn. Plane im Gebäude ein Volumen für den Abstellraum ein, dessen Fläche mindestens 15 bis 20 Prozent der gesamten Gebäudefläche einnimmt - nicht weniger. Leg diesen Abstellraum irgendwo im Gebäude an, wo er weniger als die anderen Zimmer kostet - weil er natürlich keine besondere Oberflächenbehandlung braucht.

 Eine Muster Sprache 145 ABSTELLRAUM

 

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Leg den Abstellraum im Dachgiebel an, wenn es sich um ein steiles Satteldach handelt - SCHÜTZENDES DACH (117); wenn das Haus Hanglage hat, leg ihn ins Kellergeschoß - TERRASSIERTER HANG (169), BODENPLATTE (215); sonst bring ihn in einem Schuppen unter, aus dem später vielleicht ein Häuschen gemacht werden kann - VERMIETBARE RÄUME (153). Egal ob Dachboden, Keller oder Schuppen, sollte man sich nach dem Muster ABGESTUFTE NORDFRONT (162) richten und den Abstellraum Richtung Norden anlegen, damit die sonnigen Plätze für Räume und Gärten bleiben ...

 

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