EINE MUSTER-SPRACHE

STÄDTE - GEBÄUDE - KONSTRUKTION

Christopher Alexander, Sara Ishikawa, Murray Silverstein

mit Max Jacobson, Ingrid F. King, Shlomo Angel 

Für Verbreitung, Schulung und Ergänzung digitalisiert von:
THE PATTERN COMMUNITY - Institut zur Förderung menschengerechter Dörfer, Städte und Regionen

STÄDTE

Wir beginnen mit jenem Teil der Sprache, durch den eine Stadt oder Gemeinde definiert wird. Diese Muster können keinesfalls mit einem Schlag "entworfen" oder "gebaut" werden - nur geduldige und schrittweise Entwicklung, daraufhin angelegt, daß jede individuelle Maßnahme zur Entstehung dieser größeren, umfassenden Muster beiträgt, wird langsam und sicher über Jahre ein Gemeinwesen herbeiführen, das diese umfassenden Muster enthält. geduldige und schrittweise Entwicklung, daraufhin angelegt, daß jede individuelle Maßnahme zur Entstehung dieser größeren, umfassenden Muster beiträgt, wird langsam und sicher über Jahre ein Gemeinwesen herbeiführen, das diese umfassenden Muster enthält. 

GEBÄUDE

Hier werden die übergeordneten Muster ergänzt, die eine Stadt oder eine Gemeinde definieren. Wir beginnen jetzt jenen Teil der Sprache, die Gebäudegruppen und Einzelgebäuden ihre Form gibt, dreidimensional auf dem Grundstück. Das sind die Muster, die "entworfen" oder "gebaut" werden können - die Muster, die die einzelnen Gebäude und den Raum zwischen Gebäuden definieren. Zum ersten Mal behandeln wir Muster,die innerhalb der Kontrolle von Einzelpersonen oder kleinen Personengruppen liegen, die diese Muster in einem Zug realisieren können.

 

KONSTRUKTION

In dieser Phase haben wir einen vollständigen Entwurf für ein einzelnes Gebäude. Wenn die gegebenen Muster befolgt wurden,so hat man ein Schema der Räume, sei es mit Stecken auf dem Boden markiert oder auf einem Stück Papier - etwa aufeinen halben Meter genau. Man kennt die Höhe der Räume, die ungefähre Größe und Lage der Fenster und Türen, und man weiß ungefähr, wie die Dächer des Gebäudes und die Gärten anzuordnen sind.

Der nächste und letzte Teil der Sprache erklärt einem, wie man direkt aus diesem groben Raumschema ein baubares Gebäude macht, und erklärt auch im Detail, wie es zu bauen ist.

PROLOG

 

140.0

... von den Gemeinschafts- und Sitzbereichen — GEMEINSCHAFTSBEREICHE IN DER MITTE (129), MEHRERE SITZPLÄTZE (142) — sollte zumindest einer die Leute im Haus mit der Welt auf der Straße vor ihrem Haus in Berührung bringen. folgende Muster hilft bei der Schaffung des HALBVERSTECKTEN GARTENS (111) und belebt die Straße — GRÜNE STRASSE (51) oder; FUSSGÄNGERSTRASSE (100).

 

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Die Beziehung zwischen Haus und Straße ist oft widersprüchlich: Entweder ist das Haus zur Straße hin völlig offen und hat keine Privatsphäre mehr, oder es kehrt der Straße den Rücken und verhindert: so jede Verbindung mit dem Straßenleben.

 

Wir neigen von Natur aus sowohl zur Gemeinschaft.als auch zur Individualität. Ein ordentliches Haus wird beiden Ansprüchen gerecht: der Intimität eines privaten sicheren Hafens und unserer Teilnahme an einer öffentlichen Welt.

Die meisten Wohnhäuser können diese einander ergänzen. den Bedürfnisse jedoch nicht befriedigen. Meist wird eines hervorgehoben, das gleichzeitig das andere ausschließt: So gilt es beispielsweise die „Aquarium"-Lösung, wo die Wohnbereiche mit großen Panoramafenstern an der Straße liegen, und die „geschlossene Anstalt", wo die Wohnbereiche weg von' der Straße und in Privatgärten hinein liegen. 

In der traditionellen amerikanischen Gesellschaft löste die alte Veranda an der Vorderseite des Hauses dieses Problem perfekt. Wenn die Straße ruhig genug ist und das Haus nahe genug an der Straße liegt, kann man sich kaum eine bessere Lösung vorstellen. Handelt es sich aber um eine ändere Straße, muß auch eine etwas andere Lösung gefunden werden: 

Frank Lloyd Wright experimentierte am Beginn seiner Laufbahn mit einer möglichen Lösung. Wenn er Häuser an belebten Straßen baute, legte er zwischen dem Wohnzimmer und der Straße eine breite Terrasse an.

Unseres Wissens wies Grant Hildebrand in seiner Abhandlung „Privacy and Participation: Frank Lloyd Wright and the city Street", School of Architecture, University of Washington, Seattle 1970, als erster auf dieses Muster in Wrights Arbeiten hin.

 Eine Muster Sprache 140 PRIVATTERRASSE AN DER STRASSE

Hildebrand liefert einen interessanten Bericht über die Art und Weise, wie dieses Muster im Cheneys Haus funktioniert:

Wenn der Fußgänger vom Gehsteig aus zum Haus schaut, liegt die gemauerte Terrassenwand so, daß seine Sichtlinie über den Rand der Mauer hinweg auf die Unterkante der sorgfältig verbleiten oberen Glaszone der Terrassentüren trifft. Auf diese Weise gibt es vom Gehsteig aus nur beschränkte Sicht in das Wohnzimmer. Wenn der Bewohner des Hauses in der Nähe der Türen steht, dann sind durch die streuende Glasfläche nur sein Kopf und seine Schultern undeutlich wahrnehmbar. Wenn der Bewohner sitzt, bleibt er dem Blick des Fußgängers natürlich überhaupt verborgen.

Während der Fußgänger also die Privatsphäre des Hauses nicht wirklich stören kann, stehen dem Hausbewohner je nach Belieben eine Reihe von Möglichkeiten offen. Wenn er auf der einiges über dem Gehsteig liegenden Terrasse sitzt oder steht, hat er einen guten Überblick über die ganze Straße. Die erhöhte Plattform bietet ihm ungehinderte Sicht. Er kann Nachbarn oder Freunden zuwinken, sie grüßen Oder auf einen kleinen Tratsch hereinbitten. So verband und verbindet die zur Straße hinausragende Terrasse des Cheneys Hauses ihre Bewohner nach wie vor mit dem Gemeinschaftsleben in Oak Park. Die Gestaltung war so erfolgreich, daß, wie im Robie-Haus, eigentlich nie an Vorhänge gedacht wurde. Sorgfältig angelegte Brüstungen und verbleites Glas reichen aus. So wurde durch den Entschluß, das Wohn-Zimmer zur Straße hin anzulegen, nicht die Privatsphäre geopfert, sondern den Bewohnern eine viel größere Bandbreite an verschiedenen Erfahrungen geboten.

Wir glauben, daß Wrights Verwendung dieses Musters genauen Einsichten über ein grundlegendes menschliches Bedürfnis beruht. Tatsächlich gibt es empirische Gründe für die Annahme, daß es sich bei der Verbindung eines Hauses mit der Straße um ein grundlegendes psychologisches Bedürfnis handelt und daß das Gegenteil - die Vorliebe mancher Menschen dafür, ihre Häuser weg von der Straße, abgesperrt, verriegelt und ohne Verbindung zur Straße anzulegen - ein Symptom für ernsthafte emotionelle Störungen ist, das Syndrom der Autonomie und Zurückgezogenheit. Siehe Alexander, „The City as a Mechanism for Sustaining Human Contact", W. Ewald, lig., Environment for Man, Indiana University Press, 1967, S. 60-102.

Hier ist ein Beispiel für dieses Muster aus Griechenland: Klarerweise kann das Muster auf verschiedenste Art umgesetzt werden, solange die Beziehung, die Ausgewogenheit von ,Privatsphäre und Kontakt zur Straße, erhalten bleibt.

 140.1

Privatterrasse an der Straße.

 

Daraus folgt:

Sorg dafür, daß die Gemeinschaftsräume auf eine breite Terrasse oder eine Veranda hinausgehen, die an der Straße liegt. Leg die Terrasse etwas höher als das Straßenniveau an und schütz sie durch eine niedrige Mauer, über die man schauen kann, wenn man in ihrer Nähe sitzt, die aber verhindert, daß die Leute von der Straße aus in die Gemeinschaftsräume sehen.

 Eine Muster Sprache 140 PRIVATTERRASSE AN DER STRASSE 1

 

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Leg die Terrasse wenn möglich so an, daß sie den natürlichen Geländeverhältnissen entspricht — TERRASSIERTER HANG (169). Ist die Mauer niedrig genug, kann sie eine SITZMAUER (243) sein; wenn jemand mehr Abgeschiedenheit möchte, kann man eine richtige Gartenmauer bauen, mit Öffnungen fast wie Fenster, die die Verbindung zur Straße herstellen — GARTENMAUER (173), DURCHBROCHENE WAND (193). Umgib die Terrasse auf jeden Fall mit genügend Dingen, die zumindest teilweise das Gefühl entstehen lassen, in einem Zimmer zu sein — ZIMMER IM FREIEN (163) ...

 

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139.0

... du hast einen Gemeinschaftsbereich in der Mitte des Gebäudes angelegt oder hättest bereits einen. In vielen Fällen, vor allem in Wohnhäusern, liegt in der Mitte dieses Gerneinschaftsbereichs eine Küche oder ein Bereich zum Essen, da nur wenige Dinge eine derart gute Grundlage für das Gemeinschaftsgefühl bieten wie gemeinsames Essen — GEMEINSCHAFTSBEREICHE IN DER MITTE (129), GEMEINSAMES ESSEN (147). Das folgende Muster beschreibt eine überlieferte Art von Küche, in der sich Kochen, Essen und Leben in einem einzigen Raum abspielen. 

 

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Die von der Familie getrennt liegende, isolierte Küche, die als zwar effektive, aber unfreundliche Lebensmittelfabrik betrachtet wird, ist ein Überbleibsel aus der Zeit des Hauspersonals; und aus den noch nicht so lang vergangenen Zeiten, als Frauen die Rolle der Bediensteten bereitwillig übernahmen.

 

In traditionellen Gesellschaften, in denen es keine Bediensteten gab und sich die Mitglieder einer Familie selbst um ihr Essen kümmerten, war die isoliert liegende Küche praktisch unbekannt, Selbst wo das Kochen in Händen der Frauen lag, was sehr oft der Fall war, galt die Arbeit des Kochens als grundlegende gemeinschaftliche Tätigkeit; und der „Herd", der Ort, an dem die Speisen zubereitet und gegessen wurden, war der Mittelpunkt des Familienlebens.

Als in den Palästen und Herrschaftshäusern Bedienstete das Kochen übernahmen, wurden die Küchen natürlich vom Speisezimmer getrennt. In den Wohnhäusern der Mittelklasse im 19. Jahrhundert war es bereits weithin üblich, Bedienstete zu haben, und als Folge dessen setzte sich auch die isoliert liegende Küche als ein selbstverständlicher Teil des Hauses durch. Als die Zeit des Dienstpersonals vorbei war, blieb die Küche aber trotzdem ein getrennter Bereich, weil es als „vornehm" und „nett" galt, im Speisezimmer, fernab vorn Anblick und den Gerüchen des Kochens, zu essen. Die isoliert liegende Küche wurde immer noch mit den Häusern der Reichen assoziiert, wo derartige Speisezimmer etwas ganz Selbstverständliches waren.

Diese Trennung in der Familie hat die Frauen jedoch'In eine sehr schwierige Situation gebracht. Es ist wahrscheinlich nicht übertrieben, wenn man sagt, daß dadurch jene Umstände gefördert wurden, die die gesellschaftliche Stellung der Frauen in der Mitte des 20. Jahrhunderts unpraktikabel und unzumutbar gemacht haben. Einfach gesagt: Wenn eine Frau die Verantwortung übernahm, für das Essen zu sorgen, erklärte sie sich gleichzeitig auch ganz einfach damit einverstanden, sich in der „Küche" zu isolieren — und unterschwellig auch damit,- eire Bedienstete zu sein.

Moderne amerikanische Häuser mit sogenanntem offenen Grundriß sind der Lösung dieses Problems nähergekommen. Bei ihnen ist die Küche häufig nur zur Hälfte vom Wohnzimmer getrennt: nicht isoliert und nicht gänz im Wohnzimmer. Auf diese Weise können die Leute, die kochen, mit der restlichen Familie noch in Verbindung stehen, während sie arbeiten, Und der Bereich hat nicht das eindeutige Stigma und die unerfreulichen Nebenwirkungen eines getrennten Spül- und Kochbereichs.

Das ist aber nicht genug. Wenn wir unter die Oberfläche schauen, steckt hinter dieser Art von Grundriß noch immer heimlich die Einstellung, daß Kochen eine Last ist, Essen hingegen ein Vergnügen. So lange diese Denkweise die Anlage des Hauses bestimmt, bleibt das Problem der isolierten Küche bestehen. Die Schwierigkeiten rund um diese Situation werden letztlich nur dann aufhören, wenn alle Familienmitglieder voll und gänz die Tatsache akzeptieren, daß Kochen ebenso Teil ihres Lebens ist wie Essen. Das wird nur dann möglich sein, wenn eine Gemeinschaft wieder um den großen Küchentisch herum versammelt ist, wie es in den primitiven Gesellschaften der Fall ist, wo die Vorsorge für notwendige Funktionen Teil des täglichen Lebens war und noch nicht durch die irreführende Funktion des Dieners aus dem Bewußtsein der Menschen verdrängt wurde.

Wir sind davon überzeugt, daß die Lösung im Muster der alten Wohnküche steckt. In der Wohnküche waren Küchenarbeit und Familienleben völlig in einen großen Raum integriert. Das Familienleben spielte sich um einen großen Tisch in der Mitte ab: Hier wurde gegessen, geredet, Karten gespielt und ich alle mögliche Arbeit erledigt, einschließlich der Zubereitung der Speisen. Die Küchenarbeit wurde sowohl am Tisch als auch auf Arbeitsflächen entlang der Wand von allen gemeinsam gemacht. Und in der Ecke stand vielleicht ein bequemer alter Sessel, in dem jemand während all dieser Tätigkeiten schlafen konnte.

 

Daraus folgt:

Mach die Küche größer als normal, und zwar groß genug, daß auch für den „Familienraum" Platz ist, und leg sie nahe der Mitte der Gemeinschaftsbereiche an —nicht so weit hinten im Haus wie eine gewöhnliche Küche. Gib ihr genug Fläche, daß ein solider, großer Tisch und Sessel — einige weich, einige hart — hineinpassen sowie Arbeitsflächen, Herd und Waschbecken passen sowie Arbeitsflächen, Herd und Waschbecken außen herum; und mach ein helles, gemütliches Zimmer daraus.

 Eine Muster Sprache 139 WOHNKÜCHE

 

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Sorg für LICHT VON ZWEI SEITEN IN JEDEM RAUM (159). Wenn du später die Arbeitsflächen in der Küche anlegst, mach sie ordentlich lang und großzügig und richte sie nach Süden aus, damit sie Licht bekommen - DER KOCHPLATZ (184), SONNIGE :ARBEITSFLÄCHE (199); laß Platz für eine Nische oder zwei um die Küche herum - NISCHEN (179); stell einen großen Tisch in die Mitte und bring darüber eine schöne große Lampe mit warmem Licht an, die die Familie um sich versammelt - ATMOSPHÄRE BEIM ESSEN (182)SPHÄRE BEIM ESSEN (182); wenn du auf die Wände im 'Detail eingehst, bring viele offene Regale an ihnen an für Töpfe, Krüge, Flaschen und Marmeladegläser - OFFENE REGALE (200), BORD IN HÜFTHÖHE (201). Stell irgendwo einen bequemen Sessel hin - MEHRERE SITZPLÄTZE (142). Und was die Gestalt und Konstruktion des Zimmers betrifft, beginn bei DIE FORM DES INNENRAUMS (191) ...

 

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138.0

... da der BEREICH DES PAARS (127) und der BEREICH DER KINDER (137) am Ende der STUFEN DER INTIMITÄT (127) angesiedelt sind, ist die Lage der Schlafzimmer bereits angedeutet, Das folgende Muster setzt die Lage der Schlafzimmer durch die Ausrichtung nach Osten fest und ergänzt so die Wirkung des SONNENLICHTS IM INNERN (128), nach dem die öffentlicheren Räume nach Süden ausgerichtet werden.

 

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Das ist eines der Muster, die die Leute am häufigsten ablehnen. Wir glauben jedoch, daß sie im Irrtum sind.

 

Die Einstellung der Menschen zu diesem Muster äußert sich oft folgendermaßen: „In diesem Muster wird mir empfohlen, irgendwo zu schlafen, wo mich die Sonne aufwecken kam-t; ich will aber nicht, daß mich die Sonne aufweckt; ich möchte, wann immer es geht, lang schlafen. Wahrscheinlich habe ich einen anderen Lebensstil; deshalb paßt das Muster bei mir nicht."

Wir glauben, daß hier möglicherweise grundlegende, biologische Gegebenheiten auf dem Spiel stehen, die niemand, der sie einmal begriffen hat, jemals wieder ignorieren wird, selbst wenn sein gegenwärtiger Lebensstil ihnen scheinbar widerspricht.

Soweit wir wissen, geht es hier um folgende Tatsachen: Der menschliche Organismus enthält eine Reihe von sehr empfindlichen biologischen Uhren. Wir sind von Rhythmen und Zyklen bestimmte Geschöpfe. Immer wenn unser Verhalten nicht den natürlichen Rhythmen und Zyklen entspricht, bringen wir mit großer Wahrscheinlichkeit unsere natürlichen physiologischen und emotionellen Funktionsweisen durcheinander.

Genau betrachtet, haben diese Zyklen viel mit dem Schlaf zu tun. Und der Sonnenzyklus beherrscht dermaßen unsere Physiologie, daß wir uns nicht erlauben können, diesen Zyklus bei unseren Schlafgewohnheiten außer acht zu lassen. Nehmen wir nur die Tatsache in Betracht, daß der Stoffwechsel zur Mitte der Sonnennacht, also um zirka zwei Uhr früh, die geringste Tätigkeit aufweist. Es scheint also sehr wahrscheinlich, däß die erholsamste Schlafphase mehr oder weniger mit der Stoffwechselkurve übereinstimmt — und letztere hängt wiederum mit dem Sonnenzyklus zusammen.

Di London von der San Francisco Medical School hat vor einiger Zeit gezeigt, daß unsere Tagesverfassung in starkem maß von den Bedingungen, unter denen wir aufwachen, abhängt. Wenn wir sofort nach einer Traumperiode aufwachen (REM-Phase), fühlen wir uns den ganzen Tag lang frisch und überschäumend vor Energie, weil sofort nach der REM-Phase bestimmte entscheidende Hormone in den Blutkreislauf gelangen. Wachen wir hingegen während der Delta-Phase (ein anderes Schlaf-Stadium, das zwischen den Traumperioden vorkommt) auf, fühlen wir uns den ganzen Tag lang gereizt, schläfrig, matt und lethargisch: Die wichtigen Hormone waren im entscheidenden Moment des Aufwachens nicht in unserem Blutkreislauf.

Nun wird natürlich jeder, der von einem Wecker aufgeweckt wird, manchmal mitten aus dem Delta-Stadium gerissen und ist an diesen Tagen entsprechend lethargisch; und manchmal wird er nach der REM-Phase aufgeweckt und hat an diesen Tagen entsprechend viel Energie. Das ist natürlich äußerst vereinfacht dargestellt, weil noch viele andere Aspekte hinzuskommen. Aber wenn diese Erkenntnisse über den Schlaf stimmen, müssen sie ganz einfach irgendeine Auswirkung auf die wachen Stunden haben.

Die einzige Art und Weise, um sicherzugehen, daß man zur richtigen Zeit — also nach Vollendung der REM-Phase — aufwacht, besteht darin, von allein aufzuwachen. Man kann aber nur von allein und in Übereinstimmung mit dem anderen, größeren Zyklus der Stoffwechselaktivitäten aufwachen, wenn man mit der Sonne aufwacht. Die Sonne wärmt einen, bringt stärkeres Licht, holt einen sanft aus dem Schlaf — so sanft, daß man dennoch erst dann aufwacht, wenn es einem am besten erscheint — das heißt, genau nach einem Traum.

Kurz gesagt glauben wir, daß dieses Muster die Grundvoraussetzungen für einen gesunden, aktiven, energievollen Tagesablauf schafft — und daß jeder, der dieses Muster mit der Begründung ablehnt, daß er nicht von der Sonne aufgeweckt werden will, einen schweren Irrtum in Bezug auf die Funktionsweise seines Körpers begeht.

Jetzt zu den Einzelheiten. Man möchte das Sonnenlicht sehen, aber man möchte nicht, daß die Sonne direkt auf das Bett scheint, weil das heiß und unangenehm wäre. Der richtige Platz müßte demnach so ausgewählt werden, daß er im Licht der Morgensonne liegt - folglich ein Fenster im Zimmer, durch das. die Sonne von Osten herein fällt - und ein Bett, von dem aus man das Licht sieht, das aber nicht direkt im Sonnenlicht steht.

Und schließlich ist auch noch die Frage des Ausblicks vorn Bett aus erwähnenswert. Die Leute schauen am Morgen aus dem Fenster, um zu sehen, wie das Wetter sein wird. Manche Ausblicke bieten genügend Anhaltspunkte dazu; andere überhaupt keine. Ein gutes Morgenfenster geht auf irgendeine ständig vorhandene Sache oder etwas Wachsendes hinaus, das den Wechsel der Jahreszeiten und des Wetters wiedergibt und einem schon beim Aufwachen die Stimmung draußen anzeigt.

 

Daraus folgt:

Orientiere jene Teile der Wohnung, in denen die Leute schlafen, nach Osten, damit sie mit Sonne und Licht aufwachen. Das bedeutet normalerweise, daß der Schlafbereich an der Ostseite der Wohnung sein sollte; er kann auch an der Westseite sein, sofern es einen nach Osten gerichteten Innenhof oder eine Terrasse gibt.

 Eine Muster Sprache 138 SCHLAFEN NACH OSTEN

 

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Plane die Lage der Betten sorgfältig, so daß sie Morgenlicht haben, und zwar nicht nur als Gruppe - BEREICH DES PAARS (136), GRUPPE VON BETTEN (143) -, sondern auch einzeln, sodaß jedes Von einem bestimmten Fenster aus Licht von Osten hat — EHEBETT (187), BETTNISCHE (188). Verwende GEFILTERTES LICHT (238), damit die Sonne nicht zu direkt auf das Bett scheint. Wenn genug Plätz ist, mach aus diesem Fenster einen PLATZ AM FENSTER (180). Wähl den Platz für das dem Bett am nächsten 'wo-ende Fenster sorgfältig aus, damit jemand beim Aufwachen gleich einen Ausblick hat, von dem aus er auf das Wetter schließen kann — TÜREN UND FENSTER NACH BEDARF (221) ...

 

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137.0

... in einem HAUS FÜR EINE KLEINFAMILIE (76) gibt es drei Hauptbereiche: einen GEMEINSCHAFTSBEREICH IN DER MITTE (129), einen BEREICH DES PAARS (136) und einen BEREICH DER KINDER, der sich mit dem Gemeinschaftsbereich überschneidet. Wenn die Lage des Gemeinschaftsbereichs und des Bereichs des Paars feststehen, kann man nun diesen teils getrennten, teils überschneidenden Platz für Kinder einfügen; wir bezeichnen ihn als Bereich, obwohl uns klar ist, daß es sich hier nicht um einen getrennten Bereich handelt, sondern vielmehr um einen die Kinder betreffenden Aspekt des Hauses, eine Funktionsweise, die nur an gewissen Stellen baulich getrennt ist. Es handelt sich um jene Komponente des SPIELEN MIT ANDEREN KINDERN (68), die hier in den einzelnen Häusern zum Tragen kommt.

 

❖ ❖ 

 

Wenn Kinder nicht genug Platz haben, um ihre überschüssigen Energien loszuwerden, machen sie sich selbst und alle anderen in der Familie verrückt.

 137.1

Ausgelassenheit im Esszimmer.

 

Stellen wir uns als anschauliches Beispiel einmal vor, was .passiert, wenn Kinder nach der Schule ihre Freunde mitbringen und eine Unmenge an Ideen haben, was sie spielen oder tun könnten. Nachdem sie den ganzen Tag in der Schule eingeschlossen waren, sind sie nun laut und unbändig und brauchen sowohl in der Wohnung als auch im Freien viel Platz, um ihre Energien abzubauen. Was sie wollen, ist ganz offensichtlich ein Raum mit längen Distanzen, da diese viel mehr physische Freiheit erlauben.

Und die Welt des Kindes besteht im allgemeinen nichts einem einzelnen Raum oder Zimmer, sondern aus einem Kontinuum von Räumen. Der Gehsteig, wo es Limonade verkauft und mit Freunden spricht, der Spielbereich außerhalb seiner Wohnung, in den es seine Freunde einladen kann, das Badezimmer, die Küche, wo die Mutter ist, das Wohnzimmer, in dem der Rest der Familie ist — für das Kind gehört all das zu seiner Welt. Wenn irgendein anderer Raum dieses Kontinuum unterbricht, wird er vorn Kind einfach als Teil des Verkehrswegs seiner Welt einverleibt.

Sind die privaten Zimmer, der Bereich des Paars, die ruhigen Sitzbereiche wahllos auf die Stellen verteilt, die zur Welt des Kindes gehören, dann werden sie sicher vom Kind in Beschlag genommen. Besteht die Welt des Kindes aber aus einer zusammenhängenden Reihe von Orten, dann werden diese ruhigen, privaten Orte der Erwachsenen allein durch die Tatsache geschützt sein, daß sie nicht Teil des Kontinuums sind. schließen daraus, daß all die Orte, die Kinder brauchen und, benützen, eine zusammenhängende, geometrische Reihe bilden; sollten, zu der weder der Bereich des Paars, noch die privaten Räume der Erwachsenen, noch die formellen, ruhigen Sitzbereiche gehören. Dieser zusammenhängende Spielbereich muß noch bestimmte zusätzliche Eigenschaften haben.

  1. Kinder neigen in diesem Stadium übermäßiger Energien dazu, uneingeschränkte Aufmerksamkeit zu fordern. Vor allem die Mütter werden dann oft völlig in Beschlag genommen: Die Kinder wollen ihr Dinge zeigen, Fragen stellen, sie bitten, etwas zu tun ... „Schau, was ich gefunden habe. Schau, was ich gemacht habe. Wo soll ich das hintun? Wo ist das Plastilin? Mal doch was." Die Mutter muß für all diese Fragen und Bitten verfügbar sein, aber sie sollte nicht gezwungenermaßen mitten-, drin stehen. Ihr Arbeitszimmer und die Küche müssen geschützt sein, aber an den Spielbereich anschließen.
  2. Das Wohnzimmer ist ebenso Teil des Kontinuums, weil dort der Kontakt zwischen den Kindern und dem Rest der Familie stattfindet. Deshalb sollte der Spielbereich - am besten von einer Seite - in den Gemeinschaftsbereich übergehen siele GEMEINSCHAFTSBEREICHE IN DER MITTE (129).

  3. Die privaten Bereiche der Kinder (seien es Nischen oder Schlafzimmer) können abseits vom Spielbereich liegen, sie müssen aber auf jeden Fall abschließbar sein. Kinder wollen sich auch manchmal zurückziehen - sie laden ihre besten Freunden diesen Raum ein, um zu tratschen oder ihnen etwas Besonderes aus ihrer Sammlung zu zeigen.
  4. Gewöhnlich ist ein eigener Spielplatz aus Kostengründen nicht machbar; aber es ist immer möglich, aus einem Flur den im Wohnungsinneren befindlichen Teil des Spielraums zu machen. Er sollte ein wenig breiter sein als ein normaler Flur (etwa zwei Meter), mit Nischen und Podien entlang der Wand. Kinder lassen sich von den Eigenheiten eines Raumes inspirieren sehen sie einen kleinen, höhlenartigen Raum, beschließen sie, dort Wohnen zu spielen; sehen sie eine erhöhte Plattform, beschließen sie, Theater zu spielen. Aus diesem Grund braucht der Spielraum in der Wohnung wie auch im Freien unterschiedliche Ebenen, kleine Schlupfwinkel, Tische und so weiter. Außerdem sollte es in diesen Räumen viele offene Abstellplätze für Spielzeug, Kostüme und so weiter geben. Spielzeug, das sichtbar ist, wird meist auch mehr benützt.

  5. Der an den inneren Spielraum direkt angrenzende Raum im Freien sollte teilweise überdacht sein, um so einen Übergang zwischen den beiden herzustellen und die Kontinuität zu verstärken.

Man darf nicht vergessen, daß diese Art von Spielraum sowohl im Interesse der Erwachsenen in der Familie als auch der Kinder liegt. Wenn die Wohnung so angelegt ist, daß sich die Welt der Kinder allmählich über das ganze Haus erstreckt, wird die Welt der Ruhe, der Köstlichkeit und Freiheit, die die Erwachsenen für ihr eigenes Leben brauchen, gestört und davon beherrscht werden. Wenn es eine entsprechende Welt der Kinder gibt, wie sie in diesem Muster beschrieben wurde, können Erwachsene und Kinder nebeneinander leben, ohne aß einer den anderen beherrscht.

 

Daraus folgt:

Beginn mit der Anlage des kleinen Bereiches, der ausschließlich den Kindern gehört - der Gruppe ihrer Betten. Leg sie an einer eigenen Stelle an der Hinterseite des Hauses an, und zwar so, daß sich von dieser Gruppe bis zur Straße ein durchlaufender Spielraum bildet, fast so etwas wie ein breiter Streifen durch das Haus, schmutzig und mit verstreutem Spielzeug, der an jenen Familienzimmern, die die Kinder brauchen, vorbeiführt - vor allem am Badezimmer und an der Küche -, der entlang einer Seite des Gemeinschaftsraums verläuft (aber die ruhigen Sitzbereiche und den Bereich des Paars absolut nicht berührt oder stört), der sich bis auf die Straße hinaus erstreckt, sei es durch eine eigene Tür oder durch den Eingangsraum, und der in einem Zimmer im Freien endet, das mit der Straße verbunden,überdacht und groß genug sein sollte, daß die Kinder bei Regen darin spielen können und trotzdem im Freien sind.

 Eine Muster Sprache 137 BEREICH DER KINDER

 

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Auf eine Seite dieses Streifens zwischen den Betten der-Kin der und der Straße leg die WOHNKÜCHE (139) und die WERKSTATT IM HAUS (157), sodaß sie ihn berühren, aber nicht durch ihn beeinträchtigt werden. Mach dasselbe mit dem BADERAUM (144), und verbinde ihn irgendwie mit den Betten der Kinder Entwickle die Gruppe der Kinderbetten gemäß GRUPPE VON BETTEN (143); gestalte die langen Gänge des Bereichs möglichst hell und warm — KURZE VERBINDUNGSGÄNGE (132); mach das ZIMMER IM FREIEN (163) groß genug für wildes Herumtollen ...

 

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